Gone To Waste — Verwechslung mit Techno-Geballer

Ruhrpott, Dortmund, Hardcore. Das passt. Aus der Ecke kommen viele Bands die irgendwie „Core“ sind – ob gute oder schlechte, harte oder sehr harte, stumpfe oder ausgefeilte.

Zu welcher Sorte Gone To Waste gehören versuchen wir jetzt rauszufinden …
Also – auf „play“ drücken, Lesebrille auf und ab dafür!

Im Fahrstuhl fragt der Nachbar was ihr für Mucke macht. Was sagst du ihm in einer Minute?

Also in der Regel laufen solche Konversationen ungefähr so ab:
„Hey, sag mal… Was machst du eigentlich für Musik mit deiner Band?“
„Hi, wir machen Hardcore Punk.“ (Das Punk wird schon aus Gewohnheit angehängt, damit erst gar keine Verwechslung mit Hardcore Techno/Gabber Geballer entstehen kann.)
„Mhh, achso… Musst du denn dann noch arbeiten gehen, wenn ihr so viel auf Tour seid?“
„Ich muss arbeiten gehen, damit ich mir den ganzen Bandspaß überhaupt erlauben kann!“
„Mhh, okay…“ — Tiefer gehen derartige Gespräche zum Glück nicht so oft!

Gone To Waste — was bedeutet das? Sind Witze über euren Bandnamen im Umlauf?

Gone To Waste bedeutet ins Deutsche übersetzt so viel wie „verkommen“. Klar gibt’s dumme Sprüche über Bandnamen. „Gone To Wurst“, „Konto Waste“ und ähnliche Sachen. Aber ich denke, das bleibt auch nicht aus. Anfangs hatte das auch noch nicht viel mehr Bedeutung, als das Wort „verkommen“ in den Kontext der normkonformen Sozialisierung gestellt. So von wegen: „We don’t fit, we don’t try!“

Über die Jahre hat unser Bandname für mich persönlich aber mehr an Bedeutung gewonnen. Familienfeste wie Ostern oder Weihnachten haben mir das deutlich gemacht. Wenn die ältere Generation dann fragt, was wir so für unsere Auftritte bekommen, fällt auf die Antwort dann in der Regel direkt die Frage: „Pro Kopf?“. Wenn man das dann verneint, trifft man in der Regel nur auf Unverständnis ala „Wieso macht ihr das dann überhaupt?“.
Für mich bedeutet es mittlerweile, bewusst die Ausnahme darzustellen. Nicht dazu zu gehören. Mein wirschaftliches Potential zu „vergeuden“ indem ich mich für’s Low Life entscheide, mich mit meinen Besten in ein stickiges Auto quetsche, auf siffigen Böden schlafe oder ohne Schlaf wieder zur Maloche gehe. Nicht um irgendwas oder irgendwer zu sein, sondern um mich frei zu fühlen. Wenn auch nur für einen Teil meines Lebens.

Hardcore ist etwas über 30 Jahre alt. Kann man da noch was beisteuern? Was ist euer musikalisches Ziel als Band?

Als Band zu versuchen, das Hardcore-Rad neu zu erfinden, halte ich für Blödsinn. Und dabei finde ich es gut, dass das Rad nicht richtig rund läuft. Im Hardcore müssen Sachen eben nicht „perfekt“ sein, um zu funktionieren und anerkannt zu werden. Meiner Meinung nach sollte das auch so bleiben.
Was uns betrifft, wollen wir beim Arbeiten an einer neuen Platte, dass das am Ende nach Hardcore klingt, viel mehr aber auch nicht. Klar wird da auch mal über den Tellerrand geschaut. Hardcore war ja schon immer Musik, die sich an anderen Stilen, wie Punk, etwas später dann auch Metal orientiert hat.

Ihr habt Samples in einigen Songs. Wie steht ihr zum Thema Skits und Rap im Hardcore?

„They come around but they never come close to.“

Eure Lyrics sind auf Englisch. Der Song „Straßenblues“ hat einen deutschen Titel. Was hat es damit auf sich? Mit was beschäftigt ihr euch am meisten in euren Lyrics?

Ein Bekannter von mir hat vor ein paar Jahren mal den Sound einer Band, mit „Straßenblues“ betitelt und das hat sich bei mir irgendwie eingeprägt. Und als dann im Proberaum klar wurde, dass es in den Lyrics für den Song um das Leben in der Dortmunder Nordstadt gehen soll, war für mich klar, dass der Song „Straßenblues“ heißen wird. Alle in der Band kommen aus relativ guten Verhältnissen und wir wollen damit nicht unsere krasse Ghetto Credibility verkörpern.

Aber wie es der Zufall will, finden wir uns derzeit in einem Stadtteil wieder, in dem rassistische Polizeiarbeit, Ghettoisierung von Menschen mit Migrationshintergrund, Drogenmissbrauch, Arbeitslosigkeit und ein Engpass an Perspektive Hand in Hand gehen. Und in „Straßenblues“ geht’s um den Kontrast zwischen koexistenten Realitäten, den man hier erfährt. Insgesamt sind unsere Texte gesellschaftskritisch geladen oder erzählen von persönlichen Problemen. Getextet wird bei uns mehr oder minder von Jedem, dementsprechend ist der Inhalt dann durch unterschiedlichste Umstände beeinflusst.

Wie schwer ist es für eine deutsche Band sich international zu positionieren? Wie sieht eure Traumtour aus?

Bisher haben wir nie wirklich versucht, irgendwo hin zu kommen. In der Regel kommen die Angebote für neue Städte und Länder irgendwann von selbst. Wir haben in den 6 Jahren, in denen wir jetzt schon als Band aktiv sind, auch garnicht so viel im Ausland gespielt, wie wir eventuell gekonnt hätten, wenn wir ambitionierter gewesen wären, muss ich gestehen. Aber das wird sich wohl hoffentlich dann auch in Zukunft ändern, wo wir dann auch bei der Traumtour wären.
Eigentlich brauchen wir nicht viel zum glücklich sein. ´ne kleine Show mit guten Bands und netten Menschen ist alles was wir brauchen. Aber im Moment spinnen wir ein bisschen rum, was 2016 alles so für uns drin wäre. Deshalb möchte ich auch noch nicht zu viel verraten!

Seid ihr nebenher noch musikalisch aktiv?

Unser Drummer David ist gerade mit seinem Singer/Songwriter Projekt „Walking On Rivers“ auf Leitung gegangen. Fans von Mighty Oaks, Passenger oder Ben Howard werden da nicht zu kurz kommen, versprochen! Kreso hat das ein oder andere Side Project in den Kinderschuhen. Davon lässt sich bald sicher mehr erzählen. Mike würde wohl 24/7 Blues Riffs rauf und runter spielen, wenn er neben der Band nicht bis zum Hals im Studium stecken würde. Ich für meinen Teil spiele ab und an mal mit dem Gedanken noch etwas Zweites anzufangen. Aber am Ende fehlt mir dafür dann doch an Zeit und Motivation.

Zur Zeit sind wieder einige Bands angesagt die in ihren Videos explizit körperliche Gewalt auf Shows zeigen. Wie hart darfs für euch im Pit zugehen? Würdet ihr eine Show abbrechen?

Ich sag’s mal so. Wenn der Konsens dazu besteht, können sich die Leute zu unserem Sound gerne die Köpfe mit Keulen einschlagen, wenn ihnen das denn Spaß macht. Wenn jedoch das Verhalten Einzelner dem Rest des Publikums den Spaß verdirbt, sollte man als Band eben diese Leute darauf hinweisen, gegebenenfalls einschreiten und im Ernstfall dann auch das Set unter- oder sogar abbrechen.

Ich lasse selbst gerne mal den Druck im Pit raus, der sich während der Woche aufgebaut hat, aber es gibt halt immer noch Grenzen, die es einzuhalten gilt. Hardcore ist immer noch ein Miteinander, nicht Gegeneinander. Es wird nicht umsonst die ganze Zeit von Unity geplappert.

gonetowaste-interview-newnoisefestival

Wieviel Routine und Bürokratie muss man als aktive Band ertragen?

Wir sind insgesamt ein angenehm eingespieltes Team. Die verschiedenen Aufgaben sind ganz gut verteilt. Hier und da hakt es dann auch mal, sodass es dann auch mal knapp wird, z.B. mit Mietwagen oder Merch, aber bisher hat es immer noch irgendwie hingehauen.

Was uns momentan am schwersten fällt, ist, sich zum Proben zu treffen. Nach 7 Jahren im Proberaum kann einem das schon mal zum Hals raushängen, aber wenn wir es dann doch mal schaffen, sind wir meistens produktiv und haben trotzdem unseren Spaß.

Welche Musik empfehlt ihr euren besten Freunden?

Das ist eine Frage zu der wir wohl Bücher zur Antwort schreiben könnten, aber das würde wohl den Rahmen dieses Interviews sprengen. Alle von uns haben durchwachsenste Geschmäcker, sodass es wohl mehr Sinn macht, wenn jeder von uns hier eine Empfehlung ausspricht.

Mike: Stevie Ray Vaughan Kreso: The Black Keys (hauptsächlich die ersten Alben) Lukas: Sulphur Aeon David: Death Cab For Cutie

Wie kriegt ihr beim New Noise Festival auch die letzte Reihe zum Stagedive?

Ob Leute aus der letzten Reihe bei uns auch stagediven werden, kann ich nicht versprechen. Aber ich denke wir können einrichten, dass Leute aus der ersten Reihe bis zur letzten Reihe durchdiven. Generell kann ich aber sagen, dass wir uns schon tierisch aufs New Noise freuen.

Schonmal vorab shout outs an unsere Dudes und Dudettes von Empowerment, Client., Harm/Shelter und Venom Prison. Ganz besonders aber an Guns Up, die uns mit auf ihre Europa Tour nehmen und wir so auch mit auf dem New Noise landen. Natürlich auch danke an dich, Benni, und das New Noise Team. Ohne Leute wie euch wären Festivals wie das New Noise gar nicht möglich!

 

Weitere Infos über Gone To Waste gibt es bei FacebookBandcamp und EvilGreed.

Alle Infos zum New Noise Festival 10 am 22.08.2015 bekommt ihr hier www.newnoisefest.de/2015, im Facebook-Event und auf der Ticketseite.

Übrigens noch bis einschließlich diesen Mittwoch, den 15.07.2015 gibt es die New Noise Festival 10 – Tickets für 25 Euro bei Impericon.

Das Interview führte Benjamin